Mittwoch, 5. März 2014

Datenanalyse im Marketing - ja, aber bitte ganzheitlich

Schon im Oktober 2012 waren sich Gartner und Harvard Business Review darüber einig, dass Datenanalysen und das daraus abgeleitete Jobprofil des Data Scientist bis 2015 ein wichtiger Baustein jedes Business' werden wird.
Nun, ein paar Jahre später und kurz vor 2015 hat Google diese und andere Aussagen rund um das Thema in eine spannende Infografik einfließen lassen. Natürlich nicht ohne Eigennutz - arbeitet Google doch hart daran, das in Universal Analytics umbenannte Google Analytics als universelle Lösung zu positionieren, die weit über den Anwendungsbereich von Web-Tracking hinaus geht.




Keine Frage, alles richtig, was Google dort zusammengetragen hat. Analyse von Daten führt in der Regel zu besseren Business Entscheidungen. Und man braucht Mitarbeiter, die diese Analysen durchführen können. Die Auguren von Gartner sagten rund 4.4 Millionen neue Jobs in diesem Umfeld voraus, sowie dass nur rund 1/3tel dieser Positionen besetzt werden kann, weil Spezialisten fehlen.

Es scheint, als würden sie zumindest bezüglich der Konsequenzen Recht behalten: Oft wird viel zu wenig aus Daten gemacht. Klammern wir mal "large Enterprises" aus, die nicht selten entsprechend mächtige Business Intelligence Lösungen implementieren, nebst entsprechenden organisatorischen und personellen Maßnahmen, dann scheint es im Small-Medium-Enterprises Bereich noch reichlich Entwicklungspotential zu geben.

Entwicklungspotential? Wieso, wir haben doch... 

ein Web Analytics Tool, Reporte aus unserem E-Mail-Versand System, ein Social-Media Monitoring, das ERP und/oder CRM System mit Analysen, mind. 10 monatlich aktualisierte Excel-Charts mit KPI's und eine Bilanz machen wir ja auch.

JA, genau. Und an welcher Stelle gibt es den Gesamtüberblick? Quasi die 360° Sicht auf die Daten, auf die wertvollen Kunden, auf neue Potentiale? Und zwar zeitnah genug, um sinnvolle, effektive Entscheidungen zu treffen?

Leider gibt es genau dies oftmals nicht. Warum ist das so? Weil die oben erwähnten zig Quellen, an denen Daten anfallen, kaum jemals zu einem Datentopf zusammengeführt werden. Dabei ist eben dies der entscheidende erste Schritt und nicht die Algorithmen in einer beliebigen Analyse Software. Ich möchte hier keinesfalls den Wert intelligenter Analyse-Algorithmen klein reden, aber ich sehe diese nicht als wichtigstes Kriterium, denn was nutzen ausgefuchste statistische Methoden, wenn diese auf einen unvollständigen Datenbestand angewendet werden? Schlimmstenfalls führt dies sogar dazu, dass falsche Entscheidungen getroffen werden.

Die wahre Herausforderung liegt in der Schaffung dieses einen, wahren Datentopfes, in dem möglichst viele, idealerweise alle Quellen versammelt werden. Diesen zu schaffen, ist das - im Vergleich zur Inbetriebnahme einer Analyse-Software - erheblich umfangreichere Projekt, aber es verspricht ebenso erheblich bessere Ergebnisse. Selbst dann, wenn man keine große und entsprechend teuere Analyse-Software benutzt. 

Gehen wir noch einen Schritt weiter. Eine erhebliche Vereinfachung ist, wenn man sich schon bei der Datenerhebung Gedanken darüber macht, welche Daten man wie erfasst.

Einfaches Beispiel gefällig? Stellen wir uns eine Kampagne vor, die via E-Mail und Direct-Mailing durchgeführt wird und in deren Rahmen den Empfängern 2-3 Fragen gestellt werden. Als Responsekanäle stehen eine Landingpage, eine Antwortpostkarte und ein Call-Center zur Verfügung. So weit, so gut, Standardgeschäft. Die Web-Truppe schreibt die Antworten (hoffentlich) in eine Datenbank. Das Call-Center schickt 2 Wochen nach Aktionsende eine Excel-Datei und die Antwortpostkarten werden - zu Recht mit viel Murren - von der Marketing-Abteilung selbst erfasst - von mir aus auch in eine Excel-Datei, und zwar erst 4 Wochen nach Aktionsende, weil man unter chronischer Überlastung  leidet.

Bis die Ergebnisse dann zusammengeführt und analysiert sind, vergeht ein weiterer Monat, so dass man von einer zeitnahen Nutzung der Ergebnisse schon gar nicht mehr sprechen kann.

Sounds familiar? Wie wäre es mit folgender Alternative: Das Web-Team (oder wer auch immer die fachlichen Fähigkeiten hierfür hat) stellt für das Call-Center eine Maske zur Verfügung mit der dieses Daten direkt in die - sowieso schon existierende - Datenbank eingeben kann. Und das Call-Center bekommt außerdem die Aufgabe, die Antwort-Postkarten zu erfassen.

Des weiteren erstellt das Web-Team ein paar Datenbankabfragen und visualisiert diese mit Tools wie Amcharts, Highcharts oder ähnlichen. Schon durch einfache Aggregation von Daten kann man wundervolle Balken, Torten und Liniendiagramme erzeugen, die schon während der Laufzeit der Kampagne Ergebnisse liefern und vielleicht Folgeaktionen anstoßen können.

Wenn das funktioniert, geht man den nächsten Schritt und baut diese Datenbank aus: man macht sie Multi-Kampagnen-fähig, importiert, bestenfalls vollautomatisch, Daten aus anderen Quellen (Massen-E-Mail Tool, vielleicht das ERP-System), stellt eine Verknüpfung zur Public Website her und erstellt weitere Reporte.

Klar, dafür braucht man ein paar Fachleute, die Ahnung von Datenbanken haben, die auch mal einen Import oder Export realisieren können, aber ich spreche hier weder von Rocket-Science noch von einem 3 Jahre dauernden IT-Projekt.

Stößt man dann - vermutlich erst nach einiger Zeit - an die Grenzen der Fähigkeiten der Datenbankentwickler in Bezug auf clevere Analysen, kann man immer noch eine Spezialsoftware einkaufen. Aber dann hat man den wichtigsten Schritt schon getan: der eine Datentopf existiert schon und die Analysesoftware kann aus dem Vollen schöpfen.

Fazit

Datenanalyse ist schon heute ein Muss und sie wird künftig noch viel wichtiger werden. Die in vielen gängigen Tools eingebauten Analysen liefern keinen ganzheitlichen Blick, der aber immer wichtiger wird. Somit ist es wichtig sich JETZT mit einem ganzheitlichen Daten(-analyse-)konzept auseinander zu setzen. Das muss nicht zwingend zu Investitionen in Enterprise-Level Software-Systeme führen - eine Strategie der kleinen Schritte, immer mit dem Fokus des einen wahren Datentopfes ist ein guter Einstieg und zukunftssicher noch dazu. 

Zugegeben, dieser Ansatz ist bestenfalls im Mid-Range an zu siedeln, und der ein oder andere Purist mag (zu Recht) die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass dieser Ansatz ein gangbarer Weg ist und allemal besser als entweder gar nichts zu tun oder sich in einer Enterprise-Lösung zu verstricken.

Nachtrag vom 06.03.2014
Unbedingt auch den Folgeartikel Was Daten-besessene Marketer nicht verstehen - um nicht einem Datenwahn zu verfallen.

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